Problemlösen bedeutet, sich auf kognitive Verarbeitungsprozesse einzulassen, um Problemsituationen zu verstehen und zu lösen, in denen ein Lösungsweg nicht unmittelbar ersichtlich ist. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich auf solche Situationen einzulassen (OECD 2014). Das Lösen von Problemen beginnt mit dem Erkennen einer Problemsituation und einem Verständnis für die Eigenschaften der Situation. Die Person muss das spezifische zu lösende Problem identifizieren, eine Lösung planen und anwenden und während des gesamten Prozesses die Fortschritte überwachen und interpretieren. Die Person muss also eingreifen, verstehen und lösen. Es handelt sich bei Problemlöseaufgaben um Situationen, in denen das Ziel nicht durch bloße Anwendung zuvor erlernter Verfahren erreicht werden kann (Eysenck et al. 1990). In vielen realen Situationen kann dieselbe Aufgabe von einigen als neuartiges Problem und von anderen als Routineproblem angesehen werden. Sobald jemand den Lösungsweg kennt, spricht man nicht mehr von einem Problem sondern von einer Aufgabe, testet man Kinder, Jugendliche oder Erwachsene mit Vorgaben, bei denen sie den Lösungsweg bereits kennen, kann man nicht mehr die Problemlösekompetenz messen. Es muss sich um ein neuartiges, aber plausibles reales Szenario handeln, bei dem die möglichen Strategien zur Erreichung des Ziels nicht sofort offensichtlich. Anzuwenden sind dann zwar manchmal bekannte Strategien, wie zum Beispiel jeweils immer nur eine Bedingung zu variieren (engl. vary one thing at a time).
Im Allgemeinen, aber besonders im europäischen Raum, gibt es noch sehr wenig Forschung zu den nichtsprachlichen Lernstörungen, zu denen auch die Störung des Problemlösens zählt (Knievel und Petermann 2008). Dies wird zudem durch eine sich stetig ändernde Klassifikation erschwert, was auch die Festsetzung einer Prävalenzrate kaum möglich macht (Knievel und Petermann 2008). Es gibt lediglich Hinweise darauf, dass eine nichtsprachliche Lernstörung vermehrt bei Jungen vorkommt (1:2 bis 1:3; Forrest 2004; Humphries et al. 2004). Die Ursache für eine solche Lernstörung ist laut Rourke und Kollegen eine Hirnfunktionsstörung, die durch eine Schädigung der weißen Substanz entsteht und vorwiegend in der rechten Hemisphäre auftritt (Rourke et al. 2002). Neben einer Störung der Problemlösekompetenz und Konzeptbildung kann es laut Rourke et al. (2002) bei älteren Kindern, also Kindern ab 7 Jahren, mit einer nichtsprachlichen Lernstörung außerdem zu einer Beeinträchtigung in der Prosodie, im Inhalt und in der Pragmatik von Sprache, was sich oft in einer wortreichen Sprache mit wenig Inhalt äußert, kommen. Zudem weisen Betroffene in den ersten Schuljahren ein schlechtes Schriftbild, welches sich jedoch im Laufe der Zeit verbessert, eine Beeinträchtigung im Leseverständnis und Rechnen und Rechtschreibfehler, die sich fast nur auf phonetische Genauigkeit beziehen, auf. Außerdem kann es zu Problemen in der sozialen Interaktion und Wahrnehmung kommen sowie im Verstehen von Gesichtsausdrücken und Emotionen. Da es nur sehr wenig Forschung zu dem Bereich gibt, gibt es auch kaum Belege für Komorbiditäten und Beeinträchtigungen, die mit oder aufgrund dieser Lernstörung entstehen und auftreten können. Man kann lediglich Vermutungen anstellen, die sich auf auftretende Komorbiditäten und Probleme bei anderen Lernstörungen stützen. Zum Beispiel haben Studien ergeben, dass Kinder mit Lernstörungen von Gleichaltrigen weniger akzeptiert werden und von Eltern und Lehrerinnen und Lehrern als weniger sozial angepasst wahrgenommen werden (Gresham und Reschly 1986; Kavale und Forness 1996). Zudem leiden Kinder mit Lernstörungen vermehrt an Ängstlichkeit bis hin zu Angststörungen (Paget und Reynolds 1984).
Bei der Störung des Problemlösens und der Konzeptbildung haben Personen große Schwierigkeiten, Problemfragestellungen zu verstehen und zu antizipieren. Die Antizipation von Neben- und Fernwirkungen gelingt nicht, Heurismen sind nicht verfügbar, die Fähigkeit zur Informationsintegration ist, genauso wie die Entscheidungsfähigkeit und die Fähigkeit zum Erfassen dynamischer Systeme, schwach. Der Umgang mit Polytelie gelingt nicht oder kaum.